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I.

        Prozess-Wertanalyse und Prozess - Kostenrechnung ergänzen sich !

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Seitdem die Verkäufermärkte der Vergangenheit angehören müssen immer mehr Unternehmen leidvoll erfahren, dass Gewinne nicht automatisch mit fakturierten Umsätzen entstehen. Schon seit Ende der 60er Jahre haben sich Wissenschaft und Praxis mit den Folgen dieser Entwicklung auseinandersetzen müssen. Kostenseitig wurde festgestellt, daß der Anteil der Gemeinkosten an den Gesamtkosten rapide stieg ohne das diesem Anstieg auch immer ein entsprechender Unternehmensnutzen gegenüberstand. Die Unternehmen suchten und suchen auch heute noch die Antworten auf insbesondere zwei Grundsatzfragen:

1. Wie können die gemeinkostentreibende Faktoren (Cost Driver) nach Art und Größe identifiziert werden?

2. Mit welchen Mitteln kann der daraus entstehenden Gewinnabnahme Einhalt geboten werden?

 

Mit Hilfe eines umfassenden, bezugsgrößenorientierten Kostenrechnungssystems hoffte man diese Entwicklung stoppen zu können. Leider mündet dieser Ansatz auch heute noch bei vielen Unternehmen in ein Meer von Daten, die sich zurecht als Zahlenfriedhof einstufen lassen müssen. Die Gründe für das Scheitern sind hinlänglich bekannt. Trotzdem gibt es auch heute noch viele Unternehmen, die in diese überholten Konzepte - eingehüllt in modernste Hard- und Software - investieren. Diese Konzepte sind - wie die gesamte Organisationslehre dieses Jahrhunderts - geprägt von einem Denken der Taylorschen Arbeitsteilung. Vorgaben für jeden einzelnen Arbeitsschritt und Misstrauen in die Leistungsbereitschaft der Arbeiter und Angestellten verbunden mit permanenter Kontrolle sind zwei Bestandteile dieses Systems.

Neue Schlagworte haben zwar in der Zwischenzeit immer wieder für Furore gesorgt, aber die in den Köpfen der Menschen notwendigen Veränderungen haben nicht im erforderlichen Maß stattgefunden. Kaizen, Lean, Business Reengineering, etc. haben zu häufig keine Besserung in den betreuten Unternehmen bringen können. Die Zahl der mit diesen Konzepten gescheiterten Unternehmen ist bei weitem größer als die der erfolgreichen. Die Schuld für diese Misere allein bei den Beratern zu suchen ist genauso wenig richtig wie die alleinige Verantwortung dafür den Führungskräften zuzuweisen. In aller Regel wurden wichtige Rahmenbedingungen nur unzureichend diskutiert und deren Bedeutung für eine erfolgreiche Umsetzung im hohen Maße unterschätzt.

In den letzten 10 Jahren hat sich mit der Prozesskostenrechnung ein betriebswirtschaftlicher Ansatz in den Vordergrund geschoben, der der zugrundeliegenden Problematik methodisch eher gerecht werden könnte. Er stellt dem Taylorschen Prinzip das ganzheitliche Denken über Abteilungsgrenzen hinaus zur Seite. Leider droht auch dieser Ansatz immer dann zu versickern, wenn die für die Umsetzung so wichtigen Rahmenbedingungen nur unvollkommen berücksichtigt werden.

In den herkömmlichen Kostenrechnungssystemen dominieren die Kostenstellen und deren Bezugsgrößen. Das in sich verkettete Unternehmen spiegelt sich in dem System der Kostenverrechnung durch teilweise willkürliche Schlüssel nur unvollkommen wider. Mit dem Begriff „Unternehmensprozeß“ wird die neue Sichtweise der prozessorientierten Organisation eingeführt, die die Dominanz der Kostenstelle zurückdrängt zugunsten einer eher ganzheitlichen Betrachtung. Die Prozesskostenrechnung legt ein Geflecht von Geschäftsprozessen über die vorhandenen Unternehmensabteilungen und ordnet diesen Prozessen die dazugehörenden Gemeinkosten zu. Neue Fragen werden gestellt, neue Zusammenhänge werden sichtbar und die Antworten führen zu einer effizienteren Nutzung der Unternehmensressourcen.

Warum konnten viele Unternehmen diesen Ansatz bisher nicht zu einem praktikablen Instrument zur Steuerung der Gemeinkosten entwickeln?

Eine wesentliche Änderung im neuen Ansatz ist die reduzierte Kontrolle der vielen Einzelschritte (im Rahmen des Taylorschen Systems) zugunsten eines stärkeren Vertrauens in die Mitarbeiter. Der dazu notwendige Vertrauensvorschuss wird aber noch zu wenig gewährt. Daneben gibt es vor allem drei herausragende Erklärungen für die unbefriedigenden Erfolge einer prozessorientierten Kostenrechnung:

1. Die für das Tagesgeschäft verantwortlichen Führungskräfte werden nur ungenügend in das Projekt involviert. Das Gesamtprojekt wird zu sehr getragen von Mitarbeitern aus den Abteilungen EDV und Kostenrechnung. Die betroffenen Abteilungen, in denen grundsätzliche Veränderungen (im Denken, in der Organisation) erfolgen sollten, bleiben als Akteure ausgeklammert. Sie werden zwar nach Ihren Wünschen gefragt, auch werden die Abteilungen teilweise sehr genau durchforscht, aber verantwortlich sind sie in den Konzeptionierungs- und Implementierungsphasen nicht. Sie sollen später zwar die neugeschaffenen Werkzeuge nutzen; aber sie bleiben ihnen fremd, da sie die Idee dieses Werkzeuges nicht „hautnah“ in sich haben aufnehmen können.

2. Bis zu ersten konkreten Ergebnissen aus diesen Projekten vergeht zu viel Zeit. Unstrittig ist die Erkenntnis, dass Organisationsveränderungen „einen langen Atem“ benötigen. Aber daraus zu folgern, dass in solche Projekte durchaus mehr als 6 Monate (häufig noch viel mehr) vergehen müsse bis zu ersten konkreten Ergebnissen (mit sichtbarem Ausdruck in der Bilanz), ist nicht zwingend erforderlich. Zumal eine solch lange Zeitspanne immer dazu führen wird, die Gestalter des Tagesgeschäftes ungenügend in diese erste Phase eines Veränderungsprozesses zu integrieren.

3.   Die Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft von Führungskräften wird überschätzt. Unterstellt werden Führungskräfte, die im höchsten Maße rational handeln, die bei neuer Sachlage problemlos alte Gewohnheiten zur Seite schieben, die gerne die Sicherheit des Alten mit dem Reiz des Neuen tauschen, die keine Eitelkeiten und Dummheiten kennen, die komplexe Strukturen ganzheitlich durchdringen können, etc. Man geht von Menschen aus, die im höchsten Maße „rar gesät sind“.

Ob dieses so drastisch in Unternehmen dann resümiert wird, kann zwar bezweifelt werden. Aber geändert hat sich an der Struktur unternehmerischer Entscheidungsprozesse häufig so gut wie nichts.

Mit Hilfe der Prozess-Wertanalyse gelingt es, eine Prozesskostenrechnung zu implementieren, die schon nach fünf Wochen unter eindeutiger Federführung der verantwortlichen Führungskräfte konkrete Ergebnisse hinsichtlich Produktivitätssteigerung und veränderter Ablauforganisation aufweist. Nicht Organisationsexperten sind für die Schaffung neuer Abläufe zuständig, sondern die für das Tagesgeschäft verantwortlichen Mitarbeiter legen die neuen Strukturen fest.

Im Rahmen der Prozess-Wertanalyse werden zunächst sämtliche Leistungsstrukturen und interne Kunden - Lieferanten - Beziehungen - im Sinne von Total Quality Management - dokumentiert. Für die meisten Unternehmen und deren Führungskräfte ist dieses eine ganz neue Betrachtungsweise. Sie erleben ihre Abteilung als ein selbständiges Profit Center, das für empfangene Leistungen zu zahlen hat und für erbrachte Leistungen Rechnungen erstellt. In dieser Phase werden die wesentlichen Eckpfosten für einen erfolgreichen Projektverlauf gelegt, denn hier findet der erste, wenn auch nur gedankliche Bruch mit dem Bestehenden statt. Tabuthemen werden ebenso sichtbar wie die vielen Abteilungsgrenzen, die unternehmerisches Denken bei Führungskräften blockieren.

Daran anschließend werden mit allen Beteiligten die im Unternehmen vorhandenen Geschäftsprozesse generiert. Je gründlicher in dieser Phase analysiert wird, desto leichter kann das Ziel der Geschäftsoptimierung um mindestens 25 % realisiert werden. Am Ende der 5. Woche liegt ein von den Umsetzungsverantwortlichen ausgearbeiteter Maßnahmenplan vor.

Wer dieses Verfahren in seinem Unternehmen nutzen möchte, der kann in einem zweitägigen Workshop Mitarbeiter zu Prozess-Wertanalyse - Koordinatoren ausbilden. Die Teilnehmer lernen in den 2 Tagen nicht nur den Verfahrensablauf kennen. Sie setzen sich insbesondere sehr intensiv mit jenen Problemen auseinander, die mit solchen Veränderungsprozessen einhergehen. Für sie wird deutlich, wo nicht nur in Unternehmen die Kreativitätskiller zu suchen sind. Sie spüren nach, wie schon in der Kindererziehung - im Elternhaus, aber auch in der Schule - die Basis für das auf Anpassung und Reproduktion ausgelegte Verhalten gelegt wird.

Die Teilnehmer erleben, wie persönliche Ängste (Arbeitsplatzverlust, Prestigeeinbußen, etc.), Eitelkeiten aber auch über viele Jahre eingeübte Erfolgsmuster die Suche nach noch besseren Wegen und Lösungen schmälern. Führungskräfte, die diese Themen enttabuisieren und auch persönliche Betroffenheit ihren Mitarbeitern signalisieren, werden mit der Prozess-Wertanalyse sehr schnell Veränderungsprozesse einleiten können. Mitarbeiter führen - auf welcher Ebene auch immer - heißt zunächst sich selbst führen. Daraus wird dann sehr schnell deutlich, daß derjenige, der das Verhalten anderer geändert wissen möchte, zunächst sich selbst verändern muß.

Darüber hinaus verknüpfen Menschen mit Veränderungen häufig die Vorstellung, vorher etwas falsch gemacht zu haben. In Unternehmen wird von Führungskräften im Falle von Verbesserungsideen noch zu häufig gefragt: „Was hätten wir in den letzten 2 Jahren verdienen können, wenn Sie darauf eher gekommen wären?“ Zukünftig muss es heißen:“ Toll! Vor allem wenn man bedenkt, was wir in den nächsten 2 Jahren dadurch gewinnen werden.“

Mit der Prozess-Wertanalyse nutzen auch DIN EN ISO 9000 ff. zertifizierte Unternehmen die Chance, die erfolgte Dokumentation bestehender Prozesse zum Ausgangspunkt für innovative Weiterentwicklungen zu machen. Die Zertifizierung und die später erfolgenden Audits müssen ihren Ausdruck finden in einer nachweislich höheren Qualität der Ergebnisrechnung. Nur dann rechnen sich die getätigten Investitionen. Leider erreichen heute nur ca. 10 % der zertifizierten Unternehmen dieses Klassenziel.

Die Prozess-Wertanalyse ist zwar auch ohne den Lean!PROCESS durchführbar. Mit ihm lassen sich die Ziele aber noch effizienter erreichen und was noch viel wichtiger ist, sie haben sich innerhalb von fünf Wochen die Basis für eine wirtschaftliche und praktikable Prozesskostenrechnung geschaffen.